"Ganztagsschule als Regelschule" - Presseerklärung des Landesverbandes zum Leitartikel im Wiesbadener Kurier vom 06.07.2020
Gerade auf dem Hintergrund der Pandemie wurden die Schwächen des Bildungssystems in Hessen sichtbar. Natürlich ist die Ganztagsschule nicht familienfeindlich, wie die Forschungsergebnisse der letzten Jahre gezeigt haben. In der StEG-Studie (Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen) wurde nachgewiesen, dass Kinder und Eltern sich sogar besser verstehen, wenn die Kinder eine Ganztagsschule besuchen. Schule wurde in Deutschland, wie in anderen europäischen Staaten, immer ganztägig geführt. Erst vor ca. 100 Jahren wurde die Halbtagsschule in Deutschland, nicht aus pädagogischer Einsicht, sondern u.a. auch eingeführt, damit die Jugendlichen am Nachmittag in Kriegsvorbereitung durch Exerzieren und sportliche Betätigung eingestimmt werden sollten. Kaiser Wilhelm II. hatte 1890 dazu eine unrühmliche Rede gehalten. Der ‚Sonderweg‘ Deutschlands in die Halbtagsschule war eine bildungspolitische, sozialpolitische und pädagogische Fehlentwicklung, deren Folgen heute noch sichtbar sind.
Das deutsche Bildungssystem ist einer Studie der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Nina Kolleck von der Freien Universität Berlin zufolge erheblich von sozialen Ungleichheiten auf verschiedenen Ebenen geprägt.
Es gebe allerdings Maßnahmen, mit denen soziale Ungleichheiten vermindert werden könnten. Zu besonders vielversprechenden Konzepten zählen der Studie zufolge Ganztagsschulen, Bildungsverbünde sowie Initiativen zur Optimierung der Übergänge von der Grundschule in die Sekundarschule. "Es spricht viel dafür, dass die Umsetzung dieser Konzepte dazu beitragen kann, die Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem zu verbessern."
Die neuerdings festgestellte Zunahme von Kindern ohne Bildungsabschluss müsste ein Alarmsignal sein.
Mit Ganztagsangeboten an Schulen ist es aber nicht getan. Sie führen zu keiner grundlegenden Veränderung, sondern sind lediglich eine Ergänzung der Halbtagsschule, um Eltern die Berufstätigkeit zu ermöglichen.
Mit dem gegenwärtig dominierenden offenen Organisationsmodell, d. h. einer freiwilligen Teilnahme der Schülerinnen und Schüler, können die pädagogischen Möglichkeiten einer flexiblen Zeitorganisation über den ganzen (Schul-)Tag nicht hinreichend ausgeschöpft werden. Eine so wichtige Rhythmisierung des Tagesablaufs ist somit kaum möglich. Allerdings brauche es auch Gelder für die verlässliche Schule nicht nur am Vormittag, sondern auch am Nachmittag, wenn regulärer Unterricht am Nachmittag erteilt wird, damit ggf. reguläre Ausfallstunden mit Fachpersonal und nicht mit externen Aushilfskräften oder sogar pädagogisch unausgebildeten Personen durchgeführt würde, wie der 1. Vorsitzende, Guido Seelmann-Eggebert in seiner Stellungnahme, abschließend feststellt.
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