Satt und lernbereit – kostenfreies BuT-Mittagessen im Ganztag stärken

Wie kann es gelingen, dass mehr Bildungs- und Teilhabeberechtigte Kinder ein kostenfreies Schulmittagessen erhalten? Mit dieser Frage hat sich die DGE e.V. Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen in einem bundesgeförderten Projekt beschäftigt. Gemeinsam mit sieben ausgewählten Kommunen in Niedersachsen hat die Vernetzungsstelle untersucht, wie das Verfahren vor Ort organisiert ist und welche Herausforderungen auftreten. Die Erkenntnisse sind in eine praxisnahe Arbeitshilfe mit Handlungsempfehlungen eingeflossen; diese soll Schulträger und andere Akteur:innen an Schulen dabei unterstützen, Teilnahmehürden zu senken und das Schulmittagessen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) mehr berechtigten Kinder zugänglich zu machen.
Von der Erstinformation bis zur Falldokumentation
Im Projekt wurden neun Verfahrensschritte identifiziert, die notwendig sind, damit ein BuT-berechtigtes Kind kostenlos in der Schule zu Mittag essen kann (Abbildung 1).
Der Prozess beginnt mit der Erstinformation der Eltern (1) und setzt sich fort über die BuT-Antragstellung 2) sowie die Bescheid-Erteilung 3). Parallel muss das Mittagessen an der jeweiligen Schule überhaupt angeboten werden (4). Auch wenn dies kein administrativer Verfahrensschritt im engeren Sinne ist, stellt dieser Schritt eine elementare Voraussetzung dar, damit ein Kind die Leistung überhaupt in Anspruch nehmen kann. Denn nicht alle Schulen verfügen über ein solches Angebot bzw. über ausreichend Ganztagsplätze. Außerdem beinhaltet die Bereitstellung des Mittagessens auch die Aufgabe, für eine gewisse Akzeptanz in der Schulgemeinschaft insgesamt zu sorgen, damit berechtigte Kinder nicht als einzige dort essen und so einem Stigmatisierungsrisiko ausgesetzt sind. Bei der Qualitätsentwicklung bietet der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen Unterstützung (DGE 2023). An die Organisation des Mittagessens schließen sich weitere Schritte an: die Registrierung beim Speiseanbieter mit dem BuT-Nachweis (5) und die regelmäßige Essensbestellung (6) bis zur Abrechnung zwischen Verpflegungsanbieter und Leistungsbehörden (7 + 8). Die fallbezogene Dokumentation und Statistik (9) schließen den Prozess ab.
Die Vielzahl der Schritte zeigt: Obwohl die „Mittagsverpflegung“ eine vergleichsweise günstige Bildungs- und Teilhabeleistung darstellt, erfordert sie insgesamt einen erheblichen organisatorischen Aufwand von den Beteiligten.
Abb. 1: Verfahrensablauf für das BuT-Schulmittagessen
Behördenübergreifender Austausch – Grundlage für höhere Inanspruchnahme
Die Vielzahl an Verfahrensschritten und die Beteiligung verschiedener Akteur:innen führen zu einem hohen Kommunikationsaufwand zwischen den Beteiligten einschließlich der Familien, insbesondere wenn Probleme auftreten. Für deren Lösung ist es förderlich, wenn zwischen den Leistungsbehörden und allen Verantwortlichen für die Verpflegung ein fachlicher Austausch besteht, beispielsweise in Form eines behördenübergreifenden Arbeitskreises oder durch die Teilnahme an Dienstbesprechungen.
Hürden und Lösungsansätze
Nachfolgend sind zu den Verfahrensschritten 1 bis 3 sowie 5 und 6 Beispiele für Hürden und mögliche Lösungen dargestellt. Umfangreiche Handlungsempfehlungen finden sich in der oben erwähnten Arbeitshilfe.
Zu BuT-Leistung informieren
Viele BuT-berechtigte Familien benötigen wiederholt klare Informationen dazu, welche Leistungen ihnen zustehen und wie sie diese erhalten. Eine einfache Möglichkeit, Eltern niedrigschwellig über ihre Ansprüche zu informieren, sind mehrsprachige Flyer zum BuT-Schulmittagessen. Eine Vorlage für einen Flyer in sieben Sprachen, die im Rahmen des Projektes entwickelt wurde und anpassbar an die jeweilige Kommune ist, steht hier zum Download bereit.
BuT-Antrag stellen, Bedarf konkretisieren
In einigen Kommunen müssen Jobcenterkunden ihren Bedarf trotz des im Starke-Familien-Gesetz (BMFSFJ 2019) geforderten Wegfalls der Antragspflicht weiterhin konkretisieren, teilweise mit einer schriftlichen Bestätigung der Ganztagsanmeldung bzw. der Anmeldung beim Speiseanbieter. Hier könnte gemeinsam mit den Leistungsbehörden nach Möglichkeiten gesucht werden, wie das Jobcenter die Leistung auch ohne vorherige Konkretisierung fallbezogen dokumentieren und mit dem zuständigen Caterer abrechnen kann.
BuT-Antrag prüfen und bescheiden
Bei sehr langen Bearbeitungszeiten für die Grundleistung bzw. den BuT-Antrag hilft es, wenn das Amt für den Anbieter eine Kostenübernahmeerklärung ausstellt, damit das Kind sofort mitessen kann. Denn in der Regel kann das Amt einschätzen, ob Aussicht auf eine Bewilligung besteht.
Mittagessen bereitstellen, beim Anbieter registrieren und BuT nachweisen
Für viele Berechtigte stellen die Registrierung beim Speiseanbieter und die regelmäßige Essensbestellung größere Hürden dar als der BuT-Antrag selbst. Hier können sich Schulträger für ein nutzerfreundliches (mehrsprachig, App-basiert) digitales Bestell- und Abrechnungssystem einsetzen, das schulübergreifend einheitlich eingerichtet wird.
Arbeitshilfe mit Handlungsempfehlungen
Eine Arbeitshilfe steht auf der Internetseite der Vernetzungsstelle zum Download bereit.
Abb. 2: Arbeitshilfe "Kostenfreies Schulmittagessen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket"
Das bietet die Arbeitshilfe:
- Hintergrundinformationen zum BuT-Verfahren
- Handlungsempfehlungen
- Schritt-für-Schritt-Anleitung und Arbeitsvorlagen im Zusatzheft
- Vorlage für einen mehrsprachigen Flyer zum BuT-Schulmittagessen
Zusammenfassung und Fazit
Sowohl Schulträger mit ihrer steuernden Rolle bei der Verpflegung als auch Verantwortliche an den Schulen selbst haben viele Möglichkeiten, die Inanspruchnahme des BuT-Schulmittagessens zu steigern: Dazu zählen beispielsweise Stundenkontingente für Schulsekretariate, Schulsozialarbeit und Caterer zur Unterstützung der Familien sowie die Bereitstellung nutzerfreundlicher Bestell- und Abrechnungssysteme. Mehrsprachige Flyer zum BuT-Mittagessen helfen Familien, sich zu orientieren. Auch auf Seiten der Leistungsbehörden gibt es Möglichkeiten, Hemmnisse abzubauen, beispielsweise durch den Verzicht auf schriftliche Nachweise bei der Konkretisierung des Bedarfs oder durch kurzfristige Kostenübernahmeerklärungen an den Caterer. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (BMEL 2020) sowie der Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ (Bürgerrat Ernährung 2024) empfehlen ein kostenfreies Schulmittagessen für alle Kinder. Dadurch würde der oben genannte Aufwand für Information, Beantragung, Registrierung und Abrechnung der Leistung entfallen.
Über das IN FORM-Projekt
Projekttitel: Schulmittagessen für Bildungs- und Teilhabe berechtigte Schüler:innen – Hürden abbauen, Teilnahme erhöhen
Träger: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen
Laufzeit: 01.01.2023 bis 31.12.2024
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen der IN FORM-Initiative der Bundesregierung zur Förderung der Qualität der Schulverpflegung
Weitere Informationen zum Projekt: https://dgevesch-ni.de/projekte/but-kostenfreies-schulmittagessen/
Autorinnen: Antje Jonas (Projektmitarbeiterin), Diana Reif (Projektleitung)
Die Autorinnen arbeiten bei der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen in Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V.. Dort erhalten Interessierte fachliche Unterstützung zu allen Fragen rund um die Schulverpflegung.
Beitragsbild: © DGE – Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen | Maja Schültingkemper
Grafiken: © DGE – Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen (eigene Darstellung)
Literatur:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung. (DGE) (2023). DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen (5. Aufl., 2. korr. & aktualisierter Nachdruck). Deutsche Gesellschaft für Ernährung. https://www.schuleplusessen.de/fileadmin/user_upload/medien/DGE-QST/DGE_Qualitaetsstandard_Schule.pdf (Zugriff am 2. Juni 2025).
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (BMFSFJ) (2019). Starke-Familien-Gesetz vom 1. August 2019. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-zur-zielgenauen-staerkung-von-familien-und-ihren-kindern-durch-die-neugestaltung-des-kinderzuschlags-und-die-verbesserung-der-leistungen-fuer-bildung-und-teilhabe-starke-familien-gesetz--131178 (Zugriff am 2. Juni 2025).
Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. (BMEL) (2020). Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten (Gutachten). https://www.bmel.de/SharedDocs/Archiv/Downloads/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Zugriff am 2. Juni 2025).
Bürgerrat Ernährung. (2024). Empfehlungen des Bürgerrates „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ an den Deutschen Bundestag. https://www.bundestag.de/resource/blob/990580/155336448e845a9e129a04416b001036/buergergutachten_broschuere.pdf (Zugriff am 2. Juni 2025).
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